3. Juni 2014

RA Kai Henning, Dortmund

Der Unterhaltsberechtigte trägt bei Insolvenz des Unterhaltsschuldners die Darlegungslast für sämtliche Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 170 StGB. Er genügt dieser Darlegungslast nicht, wenn er lediglich auf die Titulierung des Unterhaltsanspruchs oder darauf verweist, dass dieser Unterhaltsanspruch zur Insolvenztabelle festgestellt ist. Vielmehr muss er sämtliche Voraussetzungen seines Unterhaltsanspruchs darlegen und gegebenenfalls beweisen. Auch zu behaupteten nicht ausreichenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz muss der Unterhaltsberechtigte substantiiert vortragen – OLG Hamm Beschluss vom 13.3.14 –6 UF 150/13.

Sachverhalt und Entscheidungsgründe in Auszügen

Der Antragsteller ist Vater der am 03.06.1999 geborenen Zwillinge M und N. Durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – … wurde er zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages der Regelbetragsverordnung ab dem 01.04.2002, entsprechend jeweils 188,00 EUR verurteilt. Aus der Begründung ergibt sich, dass Grundlage der Berechnung die Zurechnung eines fiktiven Einkommens von 3.000,00 DM war, weil sich der Antragsteller nicht ausreichend um einen Arbeitsplatz bemüht hatte. Das Amtsgericht ging davon aus, dass entsprechende Bemühungen dem Antragsteller den in der Vergangenheit – für 3 Monate vom 11.06. bis zum 18.09.2001 erzielten – Arbeitslohn von 3.000,00 DM brutto gesichert hätte.

Zur Sicherung des Lebensunterhalts der Kinder M und N zahlte die Unterhaltsvorschusskasse des Landes Nordrhein-Westfalen folgende Unterhaltsbeträge:

… (Auflistung der geleisteten Zahlungen)

Der Antragsteller leistete folgende Zahlungen an die Unterhaltsvorschusskasse:

… (Auflistung der geleisteten Zahlungen)

Diese Zahlungen in Höhe von insgesamt 851,20 EUR verrechnete die Unterhaltsvorschusskasse auf die ausstehende Hauptforderung von 16.848,00 EUR, so dass ein Restbetrag von 15.996,80 EUR verblieb.

Über das Vermögen des Antragstellers wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 22.02.2012 … das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Antragsgegner meldete im eigenen Namen unter Einreichung einer entsprechenden Forderungsaufstellung die Forderung der Unterhaltsvorschusskasse als Leistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zur Insolvenztabelle an. Er machte eine Hauptforderung in Höhe von 15.996,80 EUR sowie 385,60 EUR an Zinsen und 8,00 EUR an Kosten geltend. Im Rahmen der gleichen Anmeldung führte der Antragsgegner aus, dass es sich um eine Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung handele. Das Vorliegen einer vorsätzlich unerlaubten Handlung begründete der Antragsgegner im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt sowie den Umstand, dass der Antragsteller den Unterhalt nicht gezahlt habe. Die Ausführungen schließen damit, dass dies als Verletzung der Unterhaltspflicht gem. § 170 StGb strafbar sei und der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB folge. …

In der Insolvenztabelle ist der Anspruch in voller Höhe als Unterhaltsrückstand ausgewiesen mit dem Zusatz, dass es sich hierbei um eine Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung handelt. Eingetragen ist ferner ein Widerspruch des Schuldners gegen die Höhe sowie gegen die Eintragung der Forderung als Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung. …

Die Beteiligten haben erstinstanzlich über die Reichweite ihrer jeweiligen Darlegungs- und Beweislast gestritten. Während der Antragsteller die Auffassung vertreten hat, die Darlegungs- und Beweislast bezüglich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale des § 823 Abs. 2 BGB sowie des § 170 StGB liege bei dem Antragsgegner, hat dieser gemeint, die Feststellung der Unterhaltspflichtverletzung ergebe sich bereits aus der Nichtzahlung trotz titulierten Anspruchs. …

Der Antragsteller hat beantragt, festzustellen, dass dem Antragsgegner kein Anspruch in Höhe von 16.390,40 EUR aus vorsätzlich unerlaubter Handlung gegen ihn zustehe. Der Antragsgegner hat unter Zurückweisung des Feststellungsantrags im Wege des Widerantrags beantragt, festzustellen, dass die unter laufender Nummer 4 der Tabelle im Insolvenzverfahren des Antragstellers … festgestellte Forderung in Höhe eines Betrages von 16.390,40 EUR auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung des Antragstellers im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO beruht. Der Antragsteller hat die Zurückweisung des Widerantrags beantragt.

Das Amtsgericht – Familiengericht – Paderborn hat mit Beschluss vom 01.08.2013 den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen und auf den Widerantrag des Antragsgegners festgestellt, dass die unter laufender Nummer 4 der Tabelle im Insolvenzverfahren des Antragstellers … festgestellte Forderung des Antragsgegners in Höhe eines Betrages von 16.390,40 EUR auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung des Antragstellers im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO beruht. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Feststellungsantrag des Antragstellers sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Der Widerantrag sei begründet, da sich die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt aus dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 17.07.2002 ergebe und der Antragsteller Erwerbsbemühungen nicht substantiiert dargelegt habe. …

Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Paderborn vom 01.08.2013 teilweise abzuändern und den Widerantrag zurückzuweisen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner beruft sich zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass bei dem Mindestunterhalt minderjähriger Kinder die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners vermutet werde. Er meint, auch im Rahmen von § 823 BGB reiche es aus, vorzutragen, dass der Antragsteller als – unstreitig – gelernter Maurer und Fliesenleger generell in der Lage sei, den Mindestunterhalt sicherzustellen. Der Antragsteller habe entweder zu wenig gearbeitet oder sich nicht hinreichend um Arbeit bemüht. Es sei nicht erforderlich, dass er – der Antragsgegner – für den gesamten Zeitraum die vom Unterhaltspflichtigen ausgeübten Tätigkeiten oder unterlassenen Bewerbungsbemühungen im Einzelnen darlege. Spätestens ab 2006 hätte der Antragsteller ein Einkommen von 2.000,00 EUR bis 3.000,00 EUR monatlich erzielen können.

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Feststellungsantrag des Antragsgegners ist unbegründet, weil ihm gegen den Antragsteller kein Anspruch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 170 Abs. 1 StGB in Höhe von 16.390,40 EUR zusteht. …

Bedenken gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags ergeben sich auch nicht aus der Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren (§ 174 Abs. 2 InsO). Im Rahmen der nach § 184 Abs. 1, Abs. 2 InsO zu führenden Feststellungsklage stellt der in der Anmeldung angegebene Lebenssachverhalt den Grund des erhobenen Feststellungsantrags dar (vgl. hierzu Janlewing, FamRB 2012, 155, 159). Der in der Anmeldung angegebene Anspruchsgrund erfordert gem. § 174 Abs. 2 InsO, dass der geltend gemachte Anspruch hinsichtlich des Grundes und des Betrages hinreichend bestimmt ist (vgl. hierzu auch BGH ZIP 2001, 2099 f., OLG Düsseldorf JurBüro 2011, 200 – juris Rn. 10, Sinz in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage 2010, § 174 Rn. 28 ff.). Der Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung muss so beschrieben werden, dass der aus ihm hergeleitete Anspruch in tatsächlicher Hinsicht zweifelsfrei bestimmt ist und der Schuldner erkennen kann, welches Verhalten ihm vorgeworden wird. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Deliktstatbestand (objektiv und subjektiv) schlüssig dargelegt wird (vgl. BGH ZIP 2014, 278). Im vorliegenden Fall ist die Forderung des Antragsgegners hinreichend bestimmt. Sie ist nach Betrag und Höhe und Sachverhalt aufgrund der Forderungsaufstellung sowie der vorgenommenen Verrechnung von Zahlungen auf die Hauptforderung hinreichend individualisierbar, wobei der Senat die Zahlungen nach § 366 Abs. 1 BGB jeweils auf die ältesten Rückstände verrechnet. Der Antragsgegner hat jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 170 StGB nicht schlüssig vorgetragen. Der jeweilige Anspruchsteller trägt in Bezug auf sämtliche objektiven und subjektiven Voraussetzungen eines Anspruchs nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 170 Abs. 1 StGB die Darlegungs- und Beweislast, wobei der Anspruchsgegner im Hinblick auf den Vorsatz im Rahmen einer sekundären Darlegungslast diejenigen Tatsachen vorzutragen hat, die den Vorsatz ausschließen OLG Hamm, ZInsO 2011, 2001 Rn. 9). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB, wenn als Schutzgesetz eine Strafnorm in Betracht kommt (vgl. hierzu etwa BGH NJW-RR 2011, 1661 ff. – juris Rn. 13, BGH NJW 2013, 1304 ff. – juris Rn. 14). Darüber hinaus entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Anspruchsteller in Fällen, in denen die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht, während der Gegner die nähere Sachkenntnis besitzt und ihm nähere Angaben zumutbar sind, eine sekundäre Darlegungslast bezüglich dieser Umstände obliegt (vgl. etwa BGHZ 100, 190 ff. – juris Rn. 18 f., BGH NJW 2002, 1123 ff. – juris Rn. 14 ff.). Diese Auffassung teilt der Senat auch bezüglich der vorliegenden Fallgestaltung.

Demnach reicht es für einen schlüssigen Vortrag bezüglich der objektiven Voraussetzungen eines Anspruchs nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 170 Abs. 1 StGB weder aus, auf die Titulierung eines Unterhaltsanspruchs zu verweisen (so aber OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2006 – 2 WF 192/06 – juris Rn. 3) noch ist es ausreichend, darauf zu verweisen, dass der Anspruch – mit Ausnahme seiner Eigenschaft aus vorsätzlich unerlaubter Handlung resultierend – zur Insolvenztabelle festgestellt ist (so aber OLG Celle FamRZ 2013, 1814ff. – juris Rn. 20, OLG Celle FamRZ 2012, 1838ff. – juris Rn. 12). Vielmehr ist in einem Verfahren wie dem vorliegenden die Feststellung und Prüfung sämtlicher Tatbestandsmerkmale – insbesondere auch der Höhe des Unterhaltsanspruchs – sowie des Vorsatzes des Schuldners erforderlich (vgl. hierzu OLG Hamm FamFR 2011, 10 Rn. 10). Dies gilt sowohl für rückständige als auch für zukünftige titulierte Unterhaltsansprüche, da im Rahmen der Anspruchsprüfung andere Darlegungs- und Beweislastverteilungen gelten. Dies gilt selbst dann, wenn etwa eine Forderung aufgrund eines Vollstreckungsbescheides oder eines Versäumnisurteils rechtskräftig festgestellt ist und als Anspruchsgrundlage lediglich ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Vorsatz erfordernden Straftatbestand in Betracht kommt, da die materiell-rechtliche Einordnung des Anspruchs nicht in Rechtskraft erwächst (vgl. BGHZ 183, 77ff. – juris Rn. 15ff., BGH NZI 2006, 536 ff. – juris Rn. 12ff.).

Außerdem führt ein lediglich auf die Eigenschaft als vorsätzlich unerlaubte Handlung beschränkter Widerspruch nicht dazu, dass der Anspruch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung bereits der Höhe nach feststeht, da sich der angemeldete Forderungsbetrag aus mehreren Anspruchsgrundlagen ergeben kann (vgl. hierzu etwa BGH NZI 2007, 416 f. – juris Rn. 10 ff., Sinz in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage 2010, § 184 Rn. 20). Der beschränkte Widerspruch ist dahin auszulegen, dass Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB, 170 Abs. 1 StGB vollständig – auch der Höhe nach – zur Überprüfung gestellt werden (vgl. hierzu Sinz in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage 2010, § 184 Rn. 20), zumal es denkbar ist, dass nur für Teile der Gesamtforderung diese Voraussetzungen erfüllt sind, etwa weil der Antragsteller zeitweise nicht leistungsfähig war.

Der Antragsgegner hat daher im Rahmen von §§ 823 Abs. 2 BGB, 170 Abs. 1 StGB grundsätzlich sämtliche Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs der Kinder M und N darzulegen und zu beweisen. Hierzu gehören zum einen der Bedarf der Kinder, ihre Bedürftigkeit sowie die Leistungsfähigkeit des Antragstellers. Soweit die Unterhaltspflichtverletzung darauf beruhen soll, dass keine ausreichenden Bemühungen zur Sicherstellung des Unterhalts vorgenommen worden sind, ist dies ebenso vorzutragen wie auch das erzielbare Einkommen (vgl. hierzu OLG Hamm ZInsO 2011, 2001 Rn. 13). Nachdem der Antragsgegner mit Verfügung vom 31.10.2013 auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung und den insoweit unzureichenden Sachvortrag hingewiesen worden ist, hat der Antragsgegner zum tatsächlich erzielten Einkommen nicht substantiiert vorgetragen, obgleich er – wie in der mündlichen Anhörung angegeben – Beitreibungsversuche gegen den Antragsteller durchgeführt hat. Soweit der Antragsgegner behauptet, der Antragsteller habe ab dem Jahr 2006 bei gehöriger Anstrengung 2.000,00 EUR bis 3.000,00 EUR als Maurer oder Fliesenleger erzielen können, ist auch dies nicht hinreichend substantiiert. Es fehlt insoweit an Angaben, auf welcher tatsächlichen Basis die Behauptung aufgestellt ist. Unabhängig davon hat der Antragsteller jedenfalls nach einer Umschulung zum Maschinen- und Anlagenbauer seit mehreren Jahren nicht mehr als Maurer oder Fliesenleger gearbeitet.

Der Antragsgegner kann sich insoweit nicht auf eine sekundäre Darlegungslast des Antragstellers berufen. Zwar handelt es sich bei etwaigen Bewerbungsbemühungen um Sachverhalte, bezüglich derer der Antragsteller die nähere Sachkenntnis besitzt. Hieraus resultiert indes nur dann eine sekundäre Darlegungslast, wenn der Antragsgegner seiner primären Darlegungslast nachgekommen ist, was hier – wie eben dargelegt – nicht der Fall ist. Außerdem sind dem Antragsteller nähere Angaben nicht zumutbar. Allerdings schließt der Umstand, dass es sich gegebenenfalls um strafbewehrtes Verhalten handelt, die Zumutbarkeit nicht aus (vgl. etwa BGHZ 100, 190 ff. – juris Rn. 18

f). Vorliegend sind weitere Angaben jedoch deshalb nicht zumutbar, weil es sich um Sachverhalte handelt, die viele Jahre – teilweise über ein Jahrzehnt – zurückliegen und die Frage der Unterhaltsverpflichtung als solcher aufgrund des Titels geklärt war. Darüber hinaus hat der Antragsteller im Rahmen der mündlichen Anhörung lediglich Angaben dazu machen können, dass er sich beworben habe, diese Bewerbungen – ohne auf Einzelheiten eingehen zu können – jedoch nicht erfolgreich gewesen seien. Ferner hat er ausgeführt, dass er nach einer Umschulung zum Maschinen- und Anlagentechniker seit 2010 Zeitarbeitsverträge bei der Fa. C gehabt habe, jedoch ab dem 01.02.2014 mangels Vertragsverlängerung arbeitslos sein werde.

Unabhängig von dieser Erwägung folgt aus etwa unterlassenen oder nicht hinreichend durchgeführten Bewerbungsbemühungen nicht zwingend eine Unterhaltspflichtverletzung. Eine solche besteht im Rahmen des § 170 Abs. 1 StGB nur dann, wenn es tatsächliche Beschäftigungsmöglichkeiten gab und hieraus auch den Unterhalt deckende oder teilweise deckende Einkünfte erzielbar waren. Diesbezüglich hat der Antragsgegner für die jeweiligen Zeiträume keine hinreichend substantiierten, dem Nachweis zugänglichen Angaben gemacht, die aufgrund der ihm im Rahmen von §§ 823 Abs. 2 BGB, 170 Abs. 1 StGB obliegenden Darlegungslast erforderlich gewesen wären. Die Beweiserleichterungen und Vermutungen der §§ 1603 Abs. 2, 1612 a BGBkommen dem Antragsgegner für den Anspruch aus § 823 BGB nicht zugute. Grundsätzlich trifft einen Unterhaltsschuldner bei einer gesteigerten Unterhaltspflicht die Darlegungs- und Beweislast für eine von ihm behauptete Leistungsunfähigkeit (vgl. Wendl/Dose-Dose, Unterhaltsrecht, 8. Auflage 2011, § 6 Rn. 704; Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Auflage 2014, § 1603 Rn. 47). Dies gilt jedoch nicht, wenn darüber hinaus das Vorliegen einer vorsätzlichen Unterhaltspflichtverletzung behauptet wird. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln über die Darlegungs- und Beweislast. Dass dem Antragsgegner die Darlegung und gegebenenfalls der Nachweis eines Anspruchs aus vorsätzlich unerlaubter Handlung schwer fällt oder unter Umständen unmöglich ist, rechtfertigt – über die bereits dargelegten Erleichterungen hinaus – für sich allein keine Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast auf den Anspruchsverpflichteten. …

Anmerkung

Diese nicht rechtskräftige Entscheidung des OLG Hamm (Rechtsbeschwerde ist anhängig beim BGH -XII ZB 176/14-) führt uns zeitlich genau zur Verschärfung des § 302 InsO zum 1.7.2014 passend in die zentralen Fragen der deliktischen Unterhaltsforderung ein.

Zunächst sind die Familiengerichte nach bislang einhelliger obergerichtlicher Ansicht zuständig, wenn im Insolvenzverfahren nach Anmeldung der Unterhaltsforderung und Widerspruch des Schuldners über den Deliktscharakter der Forderung zu entscheiden ist (u.a. OLG Celle Beschl. 11.3.2013 -10 WF 67/13-; Brandenburgisches OLG Urt. 19.12.12 -13 U 18/11-). Die Bezeichnungen Antragsteller und Antragsgegner folgen aus dieser Zuständigkeit, da die Familiengerichte im Beschlussverfahren entscheiden. Auch der Instanzenzug Amtsgericht – Oberlandesgericht erklärt sich aus der besonderen familiengerichtlichen Zuständigkeit. Vom Verfahrensablauf her ist hier zu beachten, dass der Schuldner mit einem negativen Feststellungsantrag (vergleichbar mit der negativen Feststellungsklage) die Initiative ergriffen hat.

Erster Prüfungspunkt im Feststellungsstreit ist eine § 174 Abs. 2 InsO genügende Forderungsanmeldung. Die Forderung muss zweifelsfrei bestimmbar sein. Objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale müssen aber bei der Forderungsanmeldung im einzelnen nicht dargelegt werden.

Dann erfolgt die Prüfung, ob der Unterhaltsgläubiger im Feststellungsverfahren die objektiven und subjektiven Voraussetzungen seines Anspruchs dargelegt hat, denn ihn trifft hier die Darlegungs- und Beweislast. Das OLG Hamm stellt deutlich fest, dass eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast des Schuldners erst entstehen kann, wenn der Gläubiger zumindest in Grundzügen zum Anspruch vorgetragen hat. Dies gilt gerade auch hinsichtlich der Behauptung, der Schuldner hätte bei ausreichenden Bemühungen einen besser bezahlten Arbeitsplatz finden können. Allein aus dem Umstand, dass der Schuldner den festgesetzten Unterhalt nicht gezahlt hat, kann also nicht folgen, dass die Unterhaltsforderung eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung ist.

Besondere Beachtung verdienen noch zwei weitere Feststellungen des OLG Hamm. Zum einen löst das OLG die Frage der Einordnung und der Rechtsfolge des beschränkten Widerspruchs praxisgerecht in der Art, dass durch den beschränkten Widerspruch auch die Forderungshöhe zur Überprüfung gestellt wird. Zum anderen betont das OLG in zutreffend, dass dem Schuldner nicht zugemutet werden kann, im Wege der sekundären Darlegungslasten die Beweisrisiken der oft viele Jahre zurückliegenden Ereignisse zu tragen. Hier wäre es Sache des Gläubigers gewesen, schon früher eine gerichtliche Feststellung des besonderen Forderungscharakters zu erwirken.

Die Entscheidung ist – wie eingangs erwähnt – nicht rechtskräftig. Zumindest bis zur abschließenden Entscheidung des BGH  sollten Schuldner aber die aufgezeigten Verteidigungsmöglichkeiten nutzen.