24. November 2004

Christiane Saur, Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V.

Wir erleben und gestalten ihn tagtäglich in der schuldnerberaterischen (1) Praxis: Den Beratungsanfang, das Erstgespräch; Start, Ausgangspunkt eines neuen Beratungsprozesses, einer neuen Beziehung. Ein Klient, eine Klientin kommt in die Beratungsstelle, ist überschuldet und wir nehmen die Beratung auf.

Im Beratungsalltag machen wir uns über die Erstgespräche keine Gedanken mehr. Wir führen sie täglich durch und gehen ins Gespräch aufgrund unserer jahrelangen Erfahrung. Warum darüber also noch nachdenken? Doch sorgen wir wirklich für eine optimale Startposition und schaffen wir die Voraussetzungen für eine sinnvolle und befriedigende Weiterarbeit? Sind nach Abschluss der Anfangsphase (2) die Beratungsziele für uns und den Klienten (3) klar? Ist ihm deutlich geworden, was wir für ihn tun können und was nicht? Überprüfen wir von Zeit zu Zeit die festgelegten Ziele und passen wir sie den aktuellen Entwicklungen und Wünschen an? (4) Woran messen wir überhaupt die Qualität und den Erfolg der Beratung?

Bevor Sie weiterlesen, nehmen Sie sich etwas Zeit und überlegen Sie: Was denken Sie, wenn Sie das erste Mal einer Klientin gegenüber sitzen? Haben Sie sich auf das Gespräch vorbereitet? Wenn ja, wie? Was glauben Sie, welche Wünsche, Erwartungen und Ziele diesen Menschen heute zu Ihnen geführt haben? Welchen Auftrag hat er für Sie? Sind Sie neugierig auf den und interessiert an dem Menschen, der da kommt, oder stellt sein Besuch eher eine zusätzliche Belastung Ihres eh schon anstrengenden Arbeitstages dar?

Warum suchen Menschen eine Schuldnerberatungsstelle auf?

Aus unserer Fortbildungsarbeit weiß ich, dass viele Schuldnerberaterinnen selbstverständlich davon ausgehen, dass eine Klientin die Schuldnerberatungsstelle aufsucht, mit dem einzigen und klaren Ziel, nämlich, schuldenfrei zu werden. Doch ist genau dies wirklich das Ziel der Überschuldeten? Und besteht der an uns gestellte Auftrag immer in der Unterstützung bei der Schuldensanierung?

Was ist mit versteckten Aufträgen, anderen und/oder zusätzlichen Erwartungen der Klienten? Nehmen wir sie ernst und wahr und vor allem, nehmen wir darauf Rücksicht?

Gründe für das Aufsuchen einer Schuldnerberatungsstelle könnten neben dem Wunsch nach Entschuldung sein:

  • Existenzsicherung (Das Leben mit den Schulden ist o.k., aber es bestehen nun auch Primärschulden oder aufgrund der vereinbarten Ratenzahlungen bleibt zu wenig Geld zum Leben…)
  • Unsicherheit im Umgang mit den Gläubigern (wie kann/muss ich mich verhalten?, wie funktioniert z.B. das Zwangsvollstreckungsverfahren…)
  • Konkrete Erwartungen an einen finanziellen Zuschuss
  • Trostspendung (mal über alles reden können)
  • Beratungstourismus (mal sehen/hören wollen, was diese Stelle so bieten kann)
  • Den Kontakt zu den Gläubigern abgeben wollen (Schreiben Sie bitte …)
  • Überweisung (von der Mutter, die mehr unter den Schulden leidet als der betroffene und nun vor uns sitzende Sohn, vom Sozialamt, Ehepartner …) u.v.a.

Das Problem der Überschuldung kann zudem andere Probleme verdecken, wie z.B. Ehezwistigkeiten, Sucht- oder berufliche Probleme … Diese müssen vorrangig in Angriff genommen werden.

In den ersten Beratungsgesprächen gilt es zu erkennen: was will der Betroffene und wie kann eine Hilfe, eine Unterstützung durch uns am besten aussehen.

Beratung muss immer maßgeschneidert werden und es ist wichtig, sich für die Diagnose und Planung die erforderliche Zeit zu nehmen. Überschuldete haben es eilig, wenn sie endlich Mut gefasst haben und eine Beratungsstelle aufsuchen. Oft haben sie diese Entscheidung lange vor sich hergeschoben; nachdem sie die Schwelle einer Beratungsstelle überwunden haben soll, schnell etwas passieren.

Bedingt durch den vermeintlichen Erwartungsdruck der Klienten stürzen Berater los, in das, was unter konkreter Schuldnerberatung verstanden wird (Unterlagen sortieren, Gläubiger anschreiben …) – und stürzen häufig ab, da die Zielklärung verpasst wurde und sich Wochen später herausstellt, dass das, was der Klient eigentlich wollte etwas anderes war, als das, was der Berater dachte und zur Grundlage seines Handeln gemacht hatte. Schuldnerberaterinnen nehmen sich häufig zu wenig Zeit für eine exakte Bestandsaufnahme der Situation und vor allem für eine gemeinsame Auftrags- und Zielklärung.

Ausgehend von der Annahme: Dem Mann oder der Frau muss durch Schuldensanierung geholfen werden, brechen wir sofort in Aktionismus aus.

Wenn Du es eilig hast, gehe langsam

Der gute Grundsatz „klären vor helfen“ geht im Beratungsalltag gerne unter, dabei stellt Schuldner- und Insolvenzberatung immer eine Begleitung in einem Lern-, Entwicklungs- und Veränderungsprozess dar. In den Beratungen kann sich jemand entscheiden, die Situation nicht grundlegend verändern zu wollen. Für manche Menschen ist „vertrautes Unglück besser als unbekanntes Glück“. (6) Kleine Veränderungen, der Wunsch Leben lernen mit den Schulden kann hier ein gutes und realistisches Beratungsziel darstellen.

Viele Menschen sitzen Jahre bis Jahrzehnte in der sogenannten Schuldenfalle. Manche haben sich darin eingerichtet, der Zustand ist ihnen vertraut, er ist mal mehr mal weniger belastend. Sich davon befreien, diesen Zustand verändern zu wollen, ist eine Herausforderung, die Angst machen kann und viel Motivation und Mut erfordert.

Der Überschuldete lernt, den Kopf aus dem Sand zu nehmen, lernt wieder den Überblick über seine Finanzen zu bekommen, auf seine Post zu reagieren. Er bekommt wieder Kontrolle und Überblick, wird am Ende eines erfolgreichen Beratungsprozesses wieder kreditfähig … Sein Leben ändert sich dadurch, die Veränderungen wirken sich auch auf Kontakte zu Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen aus.

Klientinnen hoffen, dass sich ihre Probleme schon mit dem Aufsuchen einer Beratungsstelle bessern, sie idealisieren die Arbeit der Stelle, da sie die Arbeitsaufgaben nicht konkret kennen, und erwarten blitzschnelle Lösungen. Unsere Aufgabe ist es, ihnen bewußt zu machen, dass eine befriedigende Problemlösung Zeit braucht.

Gemeinsam muss festgelegt werden, was soll, muss kurz-, mittel- und langfristig erreicht werden, was will, kann der Klient (wieder) lernen, wohin will er sich verändern, entwickeln. Wie sind Kosten und Nutzen für ihn verteilt? Welche Unterstützung braucht speziell dieser Klient? Welche Ressourcen hat er?

Unsere „Langsamkeit“ an dieser Stelle, die Einstellung: erst die Diagnose dann das weitere Handeln, führt bei vielen Klienten zu einer ersten Frustration. Natürlich reagieren wir schnell und unbürokratisch auf Fristen und Termine, aber die Erarbeitung eines soliden und realistischen Beratungs- und ev. Sanierungskonzeptes braucht Zeit.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Schuldnerberaterin

Kommt es zu einer Kontaktaufnahme zu den Gläubigern kann dies erst einmal „Nebenwirkungen“ mit sich bringen. „Schlafende“ Gläubiger werden geweckt, diese schicken böse Briefe, womöglich den Gerichtsvollzieher … Dies löst Unruhe und Unsicherheit aus.

In den Beratungsgesprächen muss auf diese mit der Erstverschlimmerung in der Homöopathie vergleichbaren Entwicklung hingewiesen werden. Auch wenn z.B. man oder frau anfängt, die Wohnung zu putzen, nimmt in der Regel für kurze Zeit erstmal das Chaos zu. Schuldnerberatung, speziell Schuldensanierung, heißt Ordnung schaffen, Licht ins Dunkle bringen und dies bedeutet, durch das Chaos durchgehen zu müssen.

Diese Phase kann nicht ausgelassen oder übersprungen werden.

Aufgaben und Inhalte der ersten Termine mit einem Klienten

Die ersten Gespräche beinhalten 3 elementare Aufgaben:

  1. Aufbau einer vertrauens- und respektvollen sowie tragfähigen Arbeitsbeziehung zwischen Klient und Berater
  2. Orientierung , sowohl für den Klienten als auch den Berater
  3. Strukturierung der weiteren Gespräche

Um ein für alle Seiten befriedigendes Arbeitsergebnis zu erzielen, sollte die Anfangsphase dafür benutzt werden, sowohl Informationen von den Klienten zu bekommen, als auch ihnen Informationen zu geben.

Für Klientinnen wichtige Informationen sind:

  • Wie arbeiten wir? (Zuständigkeit, Arbeitsweise, Unterstützungsmöglichkeiten, Ablauf, Beratungsansatz, Aktenführung, Datenschutz …)
  • „Spielregeln“ der Zusammenarbeit (Terminabstände, Terminabsagen, Unterlagen, Gründe für einen Beratungsabbruch durch die Stelle …). Spielregeln vereinfachen das Miteinander, sie dienen der Orientierung und geben Sicherheit.

Berater sollten neben der Überschuldungssituation folgendes klären: (7)

  1. Was ist der Auslöser für das Aufsuchen der Beratungsstelle: z.B. Was hat Sie heute hierher geführt? Was genau ist das Problem im Augenblick?
  2. Den Überweisungskontext: z.B. Wieso denkt x, dass Sie eine Schuldnerberatung brauchen? Welche Informationen hat Ihnen x über unsere Stelle gegeben? Welche Erwartungen hat x an uns?
    Stellt sich heraus, dass jemand dem Sozialamt, dem Ehepartner oder der Mutter zuliebe bei uns sitzt, dann unterscheidet sich seine Motivation deutlich von der eines Klienten, der aus eigenem Antrieb den Weg zu uns gefunden hat und in den Gesprächen muss entsprechend reagiert werden.
  3. Problemanalyse: Natürlich Daten und Fakten zur Überschuldung, der sozialen und finanziellen Situation. Aber auch: z.B. Für wen ist die Überschuldung ein Problem, seit wann, wie stark?
  4. Vorerfahrungen: z.B. Was haben Sie bisher unternommen? Was hat Ihnen am besten geholfen? Überschuldete haben i.d.R. schon sehr viel versucht, bevor sie zu uns kommen: Verhandlungen mit den Gläubigern, Ratenzahlungsvereinbarungen, Freunde anpumpen, abtauchen, aussitzen, andere Schuldnerberatungsstellen aufsuchen… Manches hat geholfen, manches nicht.
    In der lösungsorientierten Therapie gibt es die Grundregel: Wiederhole nicht, was nicht funktioniert. Dies bedeutet, je genauer wir herausfinden, was dem Klienten hilft, desto konkreter können wir maßgeschneiderte Hilfen anbieten. Es ist unnötig, Dinge zu wiederholen, an denen z.B. die vorherige Schuldnerberatungsstelle bereits gescheitert ist. Hier hat die Einschätzung des Klienten die oberste Priorität. Klienten sind Experten ihrer Lebenssitutation. Sie wissen (man muss sie nur fragen), ob sie z.B. zuverlässige Ratenzahler, Ansparer etc. sind.
    In den Gesprächen muss auf die bisherigen Lösungsversuche eingegangen werden. Klienten freuen sich immer über Anerkennung, diese bekommen sie, wie die meisten Menschen, viel zuwenig in ihrem Leben. Deshalb auch die Fragen nach den …
  5. Ressourcen: z.B. Was läuft gut in Ihrem Leben? Welche persönlichen Stärken haben Sie? Wo haben Sie Erfolg, wo bekommen Sie Anerkennung? Für welche Dinge ist immer Geld vorhanden? Wie gelingt Ihnen das? Fragen nach den Dingen, die gut laufen, sind zunächst schwieriger zu beantworten, als die bei uns üblichen defizitorientierten Fragen. Den Blick auf die bei jedem Menschen vorhandenen positiven Anteile zu richten, setzt jedoch eine große Triebkraft und Energie frei. Diese wird in einem Lern- und Veränderungsprozess dringend benötigt.
  6. Klärung der Veränderungsmotivation: z.B. Warum wollen Sie schuldenfrei werden? Wie würde sich dies auf Ihr gesamtes Leben auswirken? Diese Frage ist nie leicht zu beantworten, aber im Suchen nach den Gründen, klärt sich aber für die Betroffenen vieles.
    Hier kann man erarbeiten, ob und warum jemand den langen Entschuldungsweg auf sich nehmen will, welcher Lohn am Ende winkt.
    Eine klare Zieldefinition stellt einen guten Motor dar und deshalb ist es wichtig für den harten und steinigen Entschuldungsweg, ein genaues und gut hinterfragtes Ziel vor Augen zu haben. Die Gegenfrage nach den Nebenwirkungen (Könnte es auch negative Auswirkungen haben, wenn Sie keine Schulden mehr haben? Was würde sich in Ihrem Leben verändern, auch ev. in negativer Hinsicht, wenn Sie keine Schulden mehr hätten?) kann durchaus hilfreich sein.
    Auch wenn der finanzielle und psychische Zustand eines Überschuldeten noch so schlecht ist, es gibt immer die eine oder andere Seite, die positiv ist. Schulden können z. B. dazu führen, dass sich speziell Frauen (Mütter, Freundinnen etc.) kümmern (müssen), Schulden können dazu führen, dass Paare das Gefühl haben, sich nicht trennen zu können etc. Wir betrachten in diesem Zusammenhang Schulden als ein Symptom und prüfen, wozu zwingt es, woran hindert es? Was würde sowohl auf der positiven als auch auf der negativen Seite passieren, wenn es die Schulden nicht gäbe?
  7. Erwartung, Wünsche, Auftragsklärung, Ziele: z.B. Was wünschen Sie sich von uns? Wann ist die Beratung für Sie ein Erfolg? Für das Erarbeiten der Antworten sollte man sich Zeit nehmen und auch die Auswirkungen von Hilfeleistungen erfragen (Was nützt es Ihnen, wenn wir die Kontaktaufnahme mit den Gläubigern übernehmen? Wie fühlen Sie sich dabei? Wie wollen Sie in den Prozess eingebunden werden?…)
  8. Zeitdimension: z.B. Wann möchten Sie anfangen, schuldenfrei zu werden? Wann möchten Sie damit fertig sein? In welchen Abständen werten wir die bisherigen Ergebnisse aus und überprüfen die anfänglichen Ziele? Das Zeitraster bietet einen äußerlichen Rahmen und damit eine wichtige Orientierung für Beraterinnen und Klientinnen.
  9. Wenn Sie sich entschieden haben, schuldenfrei zu werden, was sind die ersten Schritte, die Sie/wir tun können, um den Weg zu beginnen?

Die erfragten Informationen dienen der Absicherung des Klienten und des Beraters: Erst eine genaue Kenntnis der Ausgangssituation, die Einschätzung der Problematik des Klienten, Dauer und Erfolg der vorhergegangenen Lösungsversuche, Möglichkeiten der Schuldnerberatungsstelle … schaffen für Klient und Berater die Möglichkeit, sich für oder gegen einen gemeinsamen Beratungsprozess zu entscheiden. (8)

Beraten ist wie joggen

Unterteilt man eine einzelne Beratungsstunde in Sequenzen könnten diese idealtypisch wie nachfolgend aussehen:

  • Zunächst die Aufwärmphase. Streching, Small-talk, Kennenlernen, warm und vertraut werden miteinander, dem Klienten erste Ängste nehmen. Deutlich machen, dass wir Zeit haben und bereit sind, uns auf ihn und sein Problem einzulassen.

Dann der eigentliche Lauf über mehrere Etappen:

  • Problemschilderung des Klienten und Problemerfassung durch den Berater (haben beide die gleiche Laufrichtung = Problemsicht?).
  • Diagnose, Klärung von Wünschen, Erwartungen, Zielen. Sowohl für diesen Termin als auch für die gesamte Beratung. Dies ist die schweißtreibendste Arbeit.
  • Informationsaustausch und Austausch über Lösungsideen
  • Vereinbarungen, Hausaufgaben (Was sind die nächsten Schritte, wer macht was?)
  • Reflektion (Sind beide mit der Vorgehensweise, den Vereinbarungen zufrieden?)
  • Cool down, Verabschiedung

Der Beraterin bleibt die Dokumentation für die Akte, die sich gut für einen Rückblick auf das Gespräch (womit bin ich zufrieden, womit nicht?) eignet. Dazukommt die Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben sowie die Vorbereitung des nächsten Termins.

Kurzer Ausflug in das Thema Motivation

Der Leidensdruck hat ausgereicht, eine Schuldner- und/oder Insolvenzberatungsstelle aufzusuchen. Manchmal reicht ein Gespräch zur kurzfristigen Klärung. Häufig ist ein längerfristiger Beratungsprozess erforderlich, hierfür benötigt der Klient einige Motivation und Durchhaltevermögen.

Es liegt auch an den Beraterinnen, die beim ersten Aufsuchen einer Beratungsstelle vorhandene Motivation zu erhalten, zu stärken und auszubauen.

Der Lern- und Veränderungsprozess, den eine längerfristige Beratung darstellt, verläuft in zyklischen Phasen. Diese Phasen bestehen aus: Neugier, Ernüchterung, Ausdauer, und Erfolg. (9) Man muss diese Phasen durchlaufen und kann keine überspringen, so gern man z.B. die Ernüchterungsphase auch auslassen möchte. Speziell hier steigen die Abbruchzahlen. In den mittleren Phasen (Ernüchterung und Ausdauer) benötigt der Klient viel Unterstützung und Rückenstärkung, um den Prozess durchhalten zu können.

Sehr weit auseinanderliegende Beratungstermine sind insbesondere am Anfang kontraproduktiv.

Vorhandene Motivation verpufft bereits nach 72 Stunden, es sei denn wir machen in dieser Zeit eine konkrete Aktion. (10)  Ansonsten ist die Luft raus und die Neugier auf die Veränderung weg. Die Motivation kommt nur zurück, wenn es denn einen erneuten externen Motiviationsschub“ (11) gibt (ausgelöst vom Berater, Familienangehörigen oder auch dem Gläubiger, dem Gerichtsvollzieher…).

Los geht’s!

Sind alle derzeit absehbaren Aufträge, Ziele, Folgen, Aus- und Nebenwirkungen geklärt, kann’s losgehen. Vor allem die ersten Schritte müssen mit aus den „Füssen“ des Überschuldeten kommen. Die Beteiligung der Klienten, d.h. die Übernahme der Selbstverantwortung für gemeinsam getroffene Beratungs-vereinbarungen ist ein wichtiger Grundpfeiler der sozialen Beratung. Schuldnerberatung ist aus der Sozialarbeit entstanden und findet in Form einer Prozessberatung statt. Eine reine Mandatsübernahme ist keine übliche Beratungsform der Schuldnerberatung. Wenn Klientinnen dies wünschen, sind sie bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern besser aufgehoben.

Sich Zeit für die Anfangsphase zu nehmen, eine Auftrags- und Zieldefinition vorzunehmen und den Beratungsverlauf genau zu planen und vorzubereiten, ist zunächst zeitaufwendig, führt aber zu befriedigenderen und produktiveren Ergebnissen. Und – ist das Ziel deutlich, werden Energien freigesetzt, die die Entwicklung beschleunigen. Es gibt weniger Missverständnisse zwischen Klienten und Beratern und weniger Beratungsabbrüche sowohl von den Klienten als auch von den Beratern.

Qualitative Schuldner- und Insolvenzberatung mit hoher Beratungskompetenz kommt über eine genaue Auftragsklärung nicht herum. Oder mit den Worten von Ernst Nauer: „Wer das Ziel nicht kennt, kann den Weg nicht finden.“

(1) Gemeint ist immer sowohl die Schuldner- als auch die Insolvenzberatung

(2) Wir verstehen darunter einen Zyklus von 1 bis 5 Gesprächen

(3) Wegen der besseren Lesbarkeit werden im Wechsel die weibliche und männliche Form benützt. Gemeint sind natürlich immer beide Geschlechter

(4) Neudeutsch: updaten

(5) auch Titel eines Buches zum Zeitmanagement von Seiwert, Lothar, Frankfurt/New York: Campus 1998

(6) Grabbe Michael, Lieber das bekannte Unglück als ein unbekanntes Glück, systhema 1/2001, Seite 5-16, 2001

(7) Die Nummerierung dient der Übersichtlichkeit und bezieht sich nicht auf die Reihenfolge

(8) s.a. Detlef Horn-Wagner, Systemtheorie im Überblick, Arbeitsblatt 7, Berlin

(9) Katja Dyckhoff, Klaus Grochowiak, Der Neugier-Erfolgs-Loop, Paderborn: Junfermann 2001

(10) In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Wartelisten und den damit verbundenen Wartezeiten

(11) s.a. Ralf Stumpf, Das Coaching-Netzwerk in Multi Mind 6/2000, Paderborn: Junfermann 2000

Die Autorin Christiane Saur, ist Dipl. Sozialpädagogin, Familientherapeutin und Schuldner- und Insolvenzberaterin beim Diakonischen Werk Berlin Stadtmitte e.V., Beratungsstelle für Überschuldete & InFobiS – Institut für Information, Fortbildung und Supervision.