5. Januar 2015

RA Kai Henning, Dortmund und Bundesamt für Statistik

Das Bundesamt für Statistik hat am 7.11.14 die Anzahl der Verbraucherinsolvenzen im August 2014 veröffentlicht und hierbei einen Rückgang zum Vorjahresmonat um 12,9% festgestellt.  RA Kai Henning stellt in seinem Silvester-Newsletter fest, dass die Änderungen der Verbraucherinsolvenz und der Restschuldbefreiung zum 1.7.2014 kommen bislang in der Praxis relativ unspektakulär angekommen sind.

Der Rückgang der Verbraucherinsolvenzen steht im Kontrast zum ebenfalls im November veröffentlichten Schuldneratlas 2014 der creditreform, in dem ein Anstieg der Überschuldeten in Deutschland auf jetzt 6,7 Mill. mitgeteilt wird. Die Schuldnerquote liegt damit nun bei 9,9%. Warum die Attraktivität des gerichtlichen Verfahrens offensichtlich nachlässt, ist noch nicht klar zu erkennen. Ist es das Pfändungsschutzkonto, das den Druck von den Schuldnern nimmt, liegt es an einer Überlastung der Schuldnerberatungsstellen, die – auch wegen ständig neuer Aufgaben – nicht „nachliefern“ können, fürchten die Schuldner die im Verfahren doch höhere Kontrolldichte oder nimmt die Anzahl der außergerichtlichen Einigungen zu? Dies sind einige der zu hörenden Erklärungsversuche.

RA Kai Henning zum Stand der Insolvenzrechtsreform

Die Änderungen der Verbraucherinsolvenz und der Restschuldbefreiung zum 1.7.2014 kommen bislang in der Praxis relativ unspektakulär an. So zeigte sich im Juli schnell, dass es einen Run der Schuldnerinnen und Schuldner auf das neue Verfahren nicht geben wird. Die Eingangszahlen bei den Gerichten gingen vielmehr weiterhin leicht zurück. Lediglich das neue Formular sorgte bei den Gerichten für einige Rückläufer, da es zum einen häufiger nicht verwandt wurde und zum anderen eine kleine „Ankreuz-Problematik“ (siehe newsletter 8/14) enthält.

Auch die mit Spannung erwartete Auseinandersetzung über den Fortbestand der Sperrfrist-Rspr. hat der BGH durch ein obiter dictum selbst beendet, kaum das sie begonnen hatte. Die Sperrfristen dürften jetzt wohl abschließend in § 287a InsO geregelt sein (BGH Beschl. vom 18.9.2014 -IX ZB 72/13-). Die Umstellung des Verfahrens über die Versagung der Restschuldbefreiung mit der jetzigen Möglichkeit der Gläubiger, jederzeit einen Versagungsantrag stellen zu können, hat bislang zu keinem wesentlichen Anstieg der Versagungsanträge geführt. Lediglich die Frage, wann über den frühen Versagungsantrag eines Gläubigers zu entscheiden ist, bietet zur Zeit Diskussionsstoff (AG Göttingen Beschl. vom 21.10.14 -74 IK 208/14-).

Ebenso ist bislang eine Anfechtungswelle in der Verbraucherinsolvenz, hervorgerufen durch den Wegfall des bisherigen § 313 InsO, nicht zu erkennen. Schließlich nutzen Verbraucher die neue Möglichkeit der Vorlage eines Insolvenzplanes bislang wenig.

Meistens also business as usual in der Verbraucherinsolvenz. Auch wenn es mit Sicherheit noch praktische Auswirkungen, bspw. bei den gem. § 302 InsO ausgenommenen Forderungen geben wird, bewahrheitet sich daher zur Zeit, dass der große Vorteil der Reform darin liegen dürfte, nicht allzu viel verändert zu haben. Das mag nach wie vor diejenigen enttäuschen, die auf tatsächliche Reformen gehofft haben, es beruhigt aber diejenigen, die sich noch an frühere Änderungsversuche wie den Wegfall der Stundung der Verfahrenskosten und der Verfahrenseröffnung erinnern.